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Kinderbetreuung und Kommunalpolitik - Chance verpasst!

Presseerklärung der Ali/ Grüne-Fraktion zum Thema Kinderbetreuungskosten:

Frauen- und familienfreundliche Rahmenbedingungen in der Kommunalpolitik - Chance verpasst!

In der letzten Sitzung des Verwaltung- und Finanzausschusses wurde mit großer Mehrheit der Antrag abgelehnt, daß Ratsmitglieder- ob Mann oder Frau, die Kinder zu betreuen oder Angehörige zu pflegen haben, ein erhöhtes Sitzungsgeld erhalten sollen. Daß es sich dabei zumeist um die weiblichen Ratsmitglieder handelt, liegt auf der Hand, weiß man doch, daß nur 3 % der Männer Erziehungsurlaub beantragen.
Mit der Ablehnung des Antrages wird aus Sicht der Ali/Crüne-Fraktion das falsche Signal gesetzt. Nimmt man einmal die Zusammensetzung des Waiblinger Gemeinderats genauer unter die Lupe so zeigt sich, daß er zu 70% aus Männern besteht; davon sind wieder knapp 70% über 50 Jahre alt und von denen wiederum die Hälfte selbständig Erwerbstätige. Mit anderen Worten: eine große Gruppe im Rat sind männliche. selbständige Erwerbspersonen über 50 Jahre. Dagegen nehmen sich die zwei Frauen, die Kinder im betreuungsbedürftigen Alter haben, doch als kleine Gruppe aus
Wie kommt es dazu, daß so wenig Innovations- und ldeenpotential von (Familien-)Frauen bei kommunalpolitischen Entscheidungen zum Zuge kommt?
Kinder brauchen bis zu einem bestimmten Alter permanente Aufmerksamkeit, die nicht aufschieb- oder nachholbar ist. Darin liegt ein kategorialer Unterschied im Vergleich von Erziehungsarbeit und selbständiger Erwerbsarbeit. Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß das andere Elternteil immer dann verfügbar ist, wenn das Ehrenamt im Stadtrat ruft. Hier ist frau auf die Unterstützung Dritter angewiesen, denen z.T. nervenaufreibende Betreuungsarbeit zugemutet wird. Dafür ist eine Anerkennung erforderlich, aus der keine kalkulatorischen, sondern tatsächliche Kosten entstehen (ganz abgesehen davon, daß die übrige anstehende Hausarbeit liegen bleibt).
Wenn Frauen, so ein Argument, auf den Listen zwar vertreten sind, aber nicht gewählt werden, dann muß man sich fragen, auf welchen Listenplätzen die Frauen sind und ob sich nicht schon in unseren Köpfen das Bild des typischen Stadtrats derart eingenistet hat: männlich, forgeschrittenes Alter und möglichst selbständig?
Ist die stärkere Beteiligung von Frauen politisch überhaupt gewollt? Dies muß angesichts des vorgebrachten Arguments, "Stadträtinnen müßten dann eben Opfer bringen", in Frage gestellt werden. Wer so argumentiert zeigt vielmehr, daß er den in Artikel 3 Grundgesetz geforderten Gleichstellungsgrundsatz nicht ernst nimmt.
Nach Meinung der Ali/Grüne-Fraktion wurde mit der Ablehnung des Antrags bezüglich der
Kinderbetreuungskosten die Chance vertan, frauen- und familienfreundliche Rahmenbedingungen in der Kommunalpolitik zu gestalten. Dies ist umso bedauerlicher, als die finanziellen Folgen für die Stadt überschaubar gewesen wären. Darum zielt die vorgeschlagene Kopplung der besonderen Entschädigung von Betreuungspersonen an die besondere Entschädigung von Selbständigen am Sinn der Sache vorbei. Gerade im Hinblick auf kommende Wahlen wäre vielmehr das Signal wichtig gewesen. daß in Waiblingen die aktive Beteiligung der "anderen Hälfte" der Bevölkerung gewünscht ist!

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