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Haushaltsrede 2006 ALi/Grüne Waiblingen

Sehr geehrte Damen und Herren,
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

meine diesjährige Haushaltsrede fängt mit einem Musikstück von Adriano Celentano an.

Der Titel lautet: "Un albero di trenta piani, oder auf Deutsch: Ein Baum mit 30 Stockwerken".

Ich bitte Sie, die Musik anzuhören und dabei den Text, der jetzt gleich auf der Leinwand zu sehen sein wird, mit zu lesen. Die Übersetzung stammt von mir.

Adriano Celentano

Ein Baum mit 30 Stockwerken

Für deine Sucht in der Stadt zu leben, schau, wie uns die Metropole gerichtet hat.

So schön, wie wir waren, waren wenige und sie sagten, sie kommen vom Land,

Sie lachten, sie lachten laut, sie wussten schon, dass wir bald wie Sie aussehen würden,

grau wie Hochhäuser, mit einem Gesicht wie Wachs,

dies ist das Gesetz dieser Atmosphäre, dass du dich nicht entziehen kannst, solange du in der Stadt wohnst.

Nackt auf dem Baum haben wir uns gesonnt, die Lerche hat für uns gesungen.

Jetzt in der Stadt sind es die Motoren, die für uns den Totenmarsch singen.

Die Fabriken parfümieren unsere Luft, sie färben unseren Himmel schwarz, es riecht nach Tod.

Die Stadtverwaltung sagt aber, dass die Stadt modern ist,

man soll es nicht beachten, wenn der Zement deine Nase schließt,

die Neurose ist modern, wer sie nicht hat wird verstoßen!

Ach, ich kann nicht mehr atmen, die Luft geht nach unten aber nicht mehr nach oben.

Ich sehe, dass etwas wächst, vielleicht ist es ein Baum? Ja es ist ein Baum mit 30 Stockwerken!

 

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

wie Sie gehört und gelesen haben, hat Adriano Celentano bereits in den Siebziger Jahren darauf aufmerksam machen wollen, dass der Ressourcenverbrauch nicht unbegrenzt so weiter gehen kann wie bisher.

Dieses Lied, auf Waiblingen bezogen, müsste eigentlich heißen, dass wir die Zielvorgabe, die die Mehrheit im Gemeinderat im Flächennutzungsplan festgesetzt hat, auf jeden Fall nicht erreichen dürfen.

Den Anfang auf Verzicht hätten wir bereits machen können mit dem Verzicht auf die Bebauung des Wohngebietes Galgenberg 2.

Durch die Notwendigkeit der erneuten Beschlussfassung über dieses Gebiet hätten wir ein Zeichen setzen können, dass wir es ernst meinen mit der Erhaltung unserer Naherholungsgebiete.

Wir hätten auf jeden Fall für zukünftige Objekte die Weichen dahingehend gestellt, dass dieser Waiblinger Gemeinderat nicht bereit ist, Flächen mit der höchsten ökologischen Einstufung zu versiegeln.

Die ALI-Fraktion hat immer wieder zu Verzicht angemahnt und hat auch eine Reduzierung der zur Verfügung gestellten Fläche gefordert.

Statt dessen werden immer neue Flächen hinzu genommen, die Diskussion um die Lebensmittelversorgung in den Ortschaften ist ein Beispiel dafür.

Die ALI-Fraktion hat auch deshalb gefordert, so schnell wie möglich über dem Sinn unseres vorhandenen Zentrenkonzeptes nachzudenken.

Es kann nicht sein, dass wir mit Sonder-Entscheidungen das Zentrenkonzept ständig in Frage stellen.

Um Gerechtigkeit für mögliche Investoren zu schaffen, fordern wir, dass diese Grundsatzdiskussion so schnell wie möglich geführt wird.

Ein ganz aktuelles Thema ist das Thema Verkehrsführung in Hegnach.

Die Westumfahrung ist nun fertig gebaut, und es ist genau das eingetreten, was wir immer schon vorausgesagt hatten:

Die Verkehrsbelastung hat mittlerweile für die Hegnacher Bürger ein Maß erreicht, das nicht mehr tolerierbar ist.

Diejenigen, die heute hierüber Krokodilstränen weinen sind genau diejenigen, die den Hegnachern die Westumfahrung samt dem dazu gehörenden zusätzlichen Verkehr zugemutet haben.

Schuld an der jetzigen Situation haben all diejenigen, die ungeachtet der ökologischen Zerstörung auf dem Schmidener Feld und trotz der Gefahr, mit der Westumfahrung eine Vorentscheidung für den Nord-Ost-Ring zu treffen, diese beschlossen haben.

Diese Leute sitzen nicht in Berlin, sie sitzen auch nicht in Stuttgart, sie sitzen hier im Waiblinger Gemeinderat.

Wer heute den Hegnachern verspricht, eine Verbesserung dieser Situation könne nur mit der Realisierung des Nord-Ost-Ringes herbei geführt werden, lügt die betroffenen und geplagten Menschen in Hegnach an.

Denn dieser Nord-Ost-Ring ist politisch, ökologisch und damit für die Menschen unvertretbar.

Je schneller eine politische Einigung erzielt wird, dass die Verkehrsströme mit kleinen und ökologisch vertretbaren Straßenbaumaßnahmen aus der Hauptachse von Hegnach herausgehalten werden, umso schneller wird das Problem für die Hegnacher Bürgerinnen und Bürger gelöst werden können.

Die Alternative Liste hat sich wohl Gedanken darüber gemacht, wie vorerst diese Entlastung aussehen kann.

Wir haben deshalb für das Haushaltsjahr 2006 die Einrichtung einer sogenannten Pförtnerampel am Ortseingang von Hegnach beantragt. Zusätzlich beantragen wir, dass die Ortsdurchfahrt, welche dazu einlädt, autobahnähnlich zu fahren, mit einem grünen Mittelstreifen von einem Kreisverkehr zum anderen verengt wird.

Auch wenn die ALI-Fraktion durch die Ablehnung des Baus der Westumfahrung an der jetzigen Verkehrszunahme keine Schuld hat, so sehen wir doch die Notwendigkeit, jetzt einzugreifen und die Diskussion des Problems nicht denjenigen zu überlassen, die es verschuldet haben.

Bei allen denkbaren Lösungsansätzen werden wir die Realisierung des Nord-Ost-Ringes mit allen uns politisch zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern wissen, denn eine weitere Zerstörung des Schmidener Feldes ist für uns nicht mehr hinnehmbar.

Wir bitten deshalb die Hegnacher Bürgerinnen und Bürger, uns zu unterstützen und die schneller realisierbare, kleinere Lösung für Hegnach zu fordern, denn hier ist auch die alternative Liste in der Verantwortung.

Ein weiteres aktuelles Thema ist die Bebauung des Alten Postplatzes und die in diesem Zusammenhang notwendige Verkehrsführung.

Die alternative Liste hat bereits vor der Entscheidung, den alten Postplatz neu zu bebauen, immer wieder darauf gedrängt, die verkehrlichen Auswirkungen der anzusiedelnden Tiefgarage zu untersuchen und Verkehrszahlen für das betroffene Gebiet darzulegen.

Dies wurde nicht in dem Umfang gemacht, wie dies wünschenswert gewesen wäre. Deshalb beantragt die alternative Liste, eine Verkehrsuntersuchung durchzuführen mit dem Ziel, die Auswirkungen auf den Verkehr im umliegenden Straßennetz zu untersuchen, um so notwendige Maßnahmen mit der Öffnung der Tiefgarage parallel umzusetzen.

Im Haushaltsjahr 2006 wird erstmalig die Bäderkommission wahrscheinlich zusammen kommen.

Die Alternative Liste wird sich in dieser Kommission nach heutigem Stand dafür einsetzen, dass keines unserer Bäder, weder in Waiblingen noch in den Ortschaften, geschlossen wird.

Im Gegenteil, die Alternative Liste hat einen Haushaltsantrag gestellt, mit der Forderung, die Geschäftsführung der städt. Bäder ab dem Jahre 2006 wieder an die Stadtverwaltung zurück zu übertragen.

Denn: Als seinerzeit die Stadtwerke mit der Geschäftsführung der städt. Bäder beauftragt wurden, ist uns im Gemeinderat zugesagt worden, dass mit der Übertragung der Geschäftsführung an die Stadtwerke jährlich rund 100.000 Euro eingespart werden können.

Wie sieht aber die Realität aus? Wir haben im Jahr 2004 rund 89.000 Euro mehr ausgegeben für die Geschäftsführung und für das Jahr 2005 werden zusätzlich nochmals ca. 60.000 Euro Mehrkosten anfallen.

Auch deshalb sind wir dafür, dass keine Bäder geschlossen werden, weil hier der Gemeinderat von der Verwaltung wissentlich oder unwissentlich in die Irre geleitet wurde.

Es ist nicht einzusehen, dass wir jetzt auch wegen dieser zusätzlichen Ausgaben die Bürgerschaft durch die Schließung zweier Bäder bestrafen.

Denn wenn wir ein Bad schließen, muss das zweite Bad ausschließlich für den Schul und Vereinssport zur Verfügung gestellt werden und somit sind zwei Bäder der Bevölkerung zur allgemeinen Nutzung entzogen.

Familienfreundliche Politik bleibt für die Alternative Liste weiterhin ein wichtiges Ziel.

Wir haben keine Anträge gestellt bezüglich der Erhöhung der Zahl der Kinderbetreuungsplätze für Kinder unter 3 Jahren.

Dies ist ein Ergebnis eines interfraktionellen Gespräches und daran halten wir uns.

Wir bitten aber die Stadtverwaltung, so schnell wie möglich im Jahre 2006 uns ein entsprechendes Konzept vorzulegen, damit wir mit der Erhöhung der Kinderbetreuungsplätze für Kinder unter 3 Jahren untermauern können, dass wir es ernst meinen mit einer familienfreundlichen Politik in unserer Stadt.

Weiterhin halten wir an unserem Ziel fest den Kindergartenbesuch gebührenfrei zu ermöglichen und werden auch deshalb mögliche Initiativen die Kindergarten- gebühren zu erhöhen ablehnen.

Bereits zum Haushaltsjahr 2005 hat die Alternative Liste beantragt, dass die Stadtwerke die ökologische Stromerzeugung mit regenerativen Energiequellen jährlich um 25% steigert. Dieser Antrag ist in der letzten Sitzung des Aufsichtsrates der Stadtwerke, wo ich ihn modifiziert habe, von allen anderen niedergeschmettert worden.

Die Alternative Liste stellt für dass Haushaltsjahr 2006 wiederkehrend den Antrag, 130.000 Euro in der städtischen Finanzplanung für die Einrichtung von Fotovoltaik-Anlagen einzuplanen.

Für mich ist es unverständlich, dass eine Stadt wie Waiblingen sich ständig auf ihren Lorbeeren ausruht.

Der beschlossene Ausstieg aus der Atomenergie kann nur umgesetzt werden, wenn die Energie-Versorgung dezentralisiert wird und die Städte und Gemeinden ihre Verantwortung für eine zukunftsträchtige, von Stromkonzernen unabhängige Energieversorgung nachkommt.

Ich sehe die Verantwortung unserer Stadt dahingehend, dass kurzfristig Gelder investiert werden, welche aber in Zukunft keine Folgekosten verursachen, sondern eher dafür dienen können, den städtischen Haushalt mit einer nicht unerheblichen Finanzspritze zu unterstützen. Eine Fotovoltaik-Anlage von 25 kWp hat bei einer Einspeisevergütung, welche auf 20 Jahre festgeschrieben wird,

in Höhe von 52 Cent einen jährlichen Ertrag von ca. 13.500 Euro.

Die ersten 10 Jahre dieses Ertrages können dazu dienen, den verbilligten Kredit, den es für die Einrichtung einer entsprechenden Anlage gibt, zurück zu bezahlen Die restlichen 15 Jahre Lebensdauer der Anlage können einen Gesamtbetrag von ca. 200.000 Euro erwirtschaften.

Solche Investitionen benötigen nur eine einmalige Anschubfinanzierung und finanzieren sich während der Tilgungszeit von selbst.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

in meiner Haushaltsrede habe ich hoffentlich auch für Sie klar gemacht, welche Ziele sich die Alternative Liste setzt.

Wir würden uns wünschen, dass politische Entscheidungen in Zukunft über die Sache getroffen werden und nicht deshalb gute Vorschläge abgelehnt werden, weil man sie selber nicht gemacht hat .

Denn die Entscheidungen im Aufsichtsrat, den Fotovoltaik-Antrag der ALI-Fraktion geschlossen abzulehnen, hat bei mir den Eindruck erweckt, dass der Antrag nur deshalb abgelehnt wurde, weil er von der ALI kam, ja, weil Alfonso Fazio ihn vorgetragen hat.

Ich wünsche Ihnen allen frohe Weihnachten, einen guten Jahresanfang 2006 und für die kommenden Jahre kluge Entscheidungen zum Wohle unserer Stadt zu treffen.

Ich sage mit Absicht unserer Stadt, denn ich will dem einen oder anderen Zwischenruf oder auch Anruf, in dem mir suggeriert werden soll, dass ich nicht von hier bin, damit widersprechen und schließe meine Rede mit einem abgewandelten Zitat von John F. Kennedy: Ich bin ein Waiblinger.

Danke!

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