Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates, meine sehr verehrten Damen und Herren,
Zuerst möchte ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung für ihr Engagement und für die gute Zusammenarbeit bedanken.
Lieber Herr Staab, Sie werden uns demnächst verlassen um Ihr Amt als Oberbürgermeister in Radolfzell anzutreten, wir freuen uns dass Sie ihr Ziel erreicht haben und wünschen ihnen, dass Sie in Radolfzell auf einen so engagierten Gemeinderat zählen können, wie Sie sich hier auf uns verlassen konnten. Wir hoffen Sie behalten uns in guter Erinnerung.
Unsere Wahlperiode geht zu Ende, es ist ein guter Zeitpunkt um Bilanz zu ziehen, um uns zu fragen, welche von unseren Ideen in die Tat umgesetzt werden konnten.
Gemeinderatssitzungen sind wahrlich nicht immer vergnügungssteuerpflichtig, manchmal spannender als jeder Krimi und manchmal zäh und wenig konstruktiv. Vielfach wünschte ich mir eine andere Diskussions- und Streitkultur. "Kommunalpolitik ist langweilig und ich kann ohnehin nichts bewegen." Diesem oft gehörten Vorurteil kann ich hier widersprechen. Viele Themen, die wir einbringen werden zunächst belächelt und abgelehnt, aber nach einiger Zeit dann doch überraschend wieder aufgegriffen und erneut diskutiert.
In Ihrer Haushaltsrede Herr Oberbürgermeister, mahnen Sie für das Jahr 2014 zu Sparsamkeit an. Diesen Grundgedanken hatten wir bereits bei der Ablehnung des Museums der Stadtgeschichte vertreten. Wir waren schon zu diesem Zeitpunkt der Überzeugung, dass wir uns die Einrichtung eines weiteren Museums und der damit verbundenen dauerhaften, laufenden Kosten nicht leisten können. Auch aus diesem Grund haben wir den Bau einer eigenen Sauna abgelehnt.
Die eben geschilderten aus unserer Sicht kritischen Punkte sind im Bereich der freiwilligen Aufgaben angesiedelt. Investitionen im Bereich der Pflichtaufgaben wie die Sanierung des Salier- Gymnasiums oder der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen für unter 3 jährige finden unsere volle Zustimmung. Wir sind sehr zufrieden damit, dass der Ausbau dieser Plätze schon so weit umgesetzt werden konnte. Falls weitere Angebote von privaten Anbietern an uns getragen werden, müssen wir diese Angebote sehr sehr kritisch prüfen.
Dies erlaubt mir den Übergang zu einer der Grundüberzeugungen der Alternativen Liste:
Die Familienfreundliche Politik.
Wir sind der Auffassung, dass die Kinderbetreuung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Daraus folgt für uns zwingend die Gebührenfreiheit in diesem Bereich. Wir lehnen auch weiterhin mit Nachdruck den tageweisen Ausschluss eines Kindes aus dem Kindergarten ab, weil Eltern dieses Kind mehrmals nicht rechtzeitig vom Kindergarten abgeholt haben. Mit dem Ausschluss werden die Kinder bestraft, und nicht die verantwortlichen Eltern.
Bereits 2006 hat die Alternative Liste den Antrag für eine Machbarkeitsstudie für eine Jugendfarm gestellt. Nach vielen Rückschlägen scheint die Realisierung der Jugendfarm auf dem Finkenberg in greifbare Nähe gerückt zu sein. Wir hatten zwischenzeitlich die Hoffnung auf die Umsetzung schon ganz aufgegeben und freuen uns deshalb umso mehr, gerade auch wegen des angestrebten Standorts auf der Korber Höhe. Gerade in diesem Stadtteil gibt es eine hohe Anzahl an Kindern, die dieses fantastische Angebot dann auch alleine und zu Fuß, erreichen können. Ich wünsche dem Jugendfarmverein viel Glück für die weiteren Schritte bei der Realisierung.
Im Bereich der schulischen Bildung ist viel Bewegung entstanden. Die politischen Erfordernisse werden in Waiblingen umgesetzt, so wird es hier nun 3 Gemeinschaftsschulen geben. Auch ansonsten ist Waiblingen im Bereich der schulischen Bildung mit seiner Vielzahl an Grund- und weiterführenden Schulen hervorragend aufgestellt.
Meine Damen und Herren,
Bürgerbeteiligung ist für uns ein wichtiges und grundsätzliches demokratisches Recht. So haben wir einen Antrag gestellt, dass Bürgerinnen und Bürger, die einen Haushaltsantrag stellen, die Möglichkeit bekommen, diesen in den Haushaltsberatungen selbst zu vertreten. Im Ausschuss für Wirtschaft, Kultur und Sport wurde dieser Antrag bereits einstimmig als Empfehlung für den Gemeinderat beschlossen. Wir hoffen, dass dieser Antrag in der heutigen Sitzung ebenfalls beschlossen wird und der Antrag bereits in diesem Haushaltsantragsverfahren seine Umsetzung findet.
Auch auf Landesebene wird über erweiterte Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung diskutiert. So sollen auf Landesebene Volksabstimmungen leichter möglich sein. Auch Abstimmungen in den Gemeinden sollen vereinfacht werden. Damit ein Bürgerentscheid erfolgreich ist, muss er nicht nur durch die Mehrheit der zur Abstimmung gehenden, bejaht werden. Bisher müssen 25% der Stimmberechtigten am Bürgerentscheid teilnehmen, dieses sogenannte Quorum soll nun auf 20 % gesenkt werden.
Der Bürgerentscheid über den Alten Postplatz, der eben nur an diesem hohen Zustimmungsquorum gescheitert ist, wäre damit erfolgreich gewesen.
Bei der Kommunalwahl im nächsten Jahr haben zum ersten Mal 16 jährige das aktive Wahlrecht. Kommunalpolitik prägt unser Leben, deshalb beurteile ich diese Senkung des Wahlrechtes sehr positiv. Ein Hauptargument für das Wahlrecht ab 16 Jahren ist, junge Menschen stärker für Politik zu interessieren, und sie so früh wie möglich an demokratischen Prozessen zu beteiligen.
Heute steht eine Entscheidung über den Bau von 24 städtischen Sozialwohnungen auf der Tagesordnung. Gerade im Bereich der preisgünstigen Wohnungen, also für Personen die ein nur sehr geringes Einkommen haben oder von Transferleistungen leben müssen, gibt es auf dem Wohnungsmarkt nur unzureichende bis gar keine Möglichkeit zu einer Wohnung zu kommen. Diese 24 Wohnungen werden die gesamte Notlage auf dem Wohnungsmarkt nicht heilen, sind aber ein Schritt in die richtige Richtung und ein erster Schritt auf den noch weitere folgen müssen.
Wichtige Eckpfeiler der politischen Überzeugung der Alternativen Liste sind die ökologischen Themen, verknüpft mit der Forderung nach Nachhaltigkeit. Der Flächenverbrauch, darunter verstehen wir alle Flächenversiegelungen als Eingriffe in die Natur, wird von uns sehr kritisch angesehen. Baugebiete wie Galgenberg II oder Bäumlesäcker wurden von uns abgelehnt. Grundsätzlich geht es bei uns erst um Innenverdichtung vor Außenbebauung. Wobei natürlich auch bei der Innenverdichtung an Grünzonen gedacht werden muss.
Täglich wird in Deutschland die Fläche von 106 Fußballfeldern, also 74 Hektar verbaut. Die Bundesregierung will die tägliche Neuanspruchnahme bis zum Jahr 2020 auf 30 Hektar pro Tag reduzieren. Der BUND fordert eine "null Prozent Flächenversiegelung" und fordert, dass dort wo durch den demografischen Wandel die Bevölkerungszahlen sinken, mit Rückbauprogrammen Flächen und Straßen entsiegelt werden.
Nachdem das Minaggelände in Beinstein bebaut wird, ist es unser Interesse als Ausgleich das ökologisch sensible Gebiet des Hausweinberges für den Wohnbau aus dem Flächennutzungsplan zu streichen. Obwohl es einhellige Meinung ist, dass eine Wohnbebauung aus verschiedensten Gründen in diesem Gebiet derzeit nicht möglich ist, war die Konsequenz, das Wohngebiet aus dem Flächennutzungsplan zu streichen, politisch nicht durchsetzbar.
Wir setzen uns für regenerative Energie ein. Wir sehen es als unsere Verpflichtung an, lokal und regional Verantwortung zu übernehmen, damit die Energiewende stattfinden kann. Erst letzte Woche kam es im Atomkraftwerk Neckarwestheim zu stark erhöhten radioaktiven Werten. Ein Damoklesschwert hängt über jedem Atomkraftwerk.
Wir bedauern es zutiefst, dass das Verfahren in der Frage der Windkraftnutzung in Waiblingen stagniert. Schon längst könnte der Windmessmast auf der Buocher Höhe stehen und uns gesicherte Daten vermitteln, ob der Bau einer Windkraftanlage an diesem Standort sinnvoll ist. In anderen Bundesländern sind Windkraftanlagen bereits in größerer Anzahl vorhanden. Die dortige Bevölkerung hat sich längst an den Anblick gewöhnt.
Am 26.05.2011 hat der Gemeinderat einstimmig in einem Bürgerantrag von amnesty international, Fremde unter uns und Village Pioneer Project die Unterstützung der Save-Me-Kampagne beschlossen. Herr Oberbürgermeister Hesky hat in Folge in einem Schreiben an den Bundesminister des Inneren die Aufnahme von besonders vulnerablen Flüchtlingen des UNHCR in die Bundesrepublik Deutschland über ein Resettlement-Programm gefordert. Ich war stolz, dass der Gemeinderat einstimmig zu dieser humanitären Entscheidung kam.
Nun steht die Frage nach der Aufnahme von Asylsuchenden an. Selbstverständlich stehen wir zu unserer Verpflichtung, Flüchtlinge die aus größter Not nach Deutschland geflohen sind, auch in Waiblingen aufzunehmen. Nach der Aufnahme von Flüchtlingen in den ehemaligen Mitarbeiterhäusern des Krankenhauses steht nun eine mögliche Unterkunft in der Inneren Weidach an. Was wir bei dieser Planung kritisieren, ist dass hier in zwei großen Containern Menschen untergebracht werden sollen.
In Winnenden entsteht gerade ein Wohnheim in üblicher Bauweise, d.h. der Landkreis hat einen Entscheidungsspielraum, den es auszuschöpfen gilt. Ich hoffe, dass sich die Stadtverwaltung gegenüber dem Landratsamt dafür einsetzt solch eine Lösung zu finden.
Auch die Stadt Stuttgart sucht fieberhaft nach bestehenden Bauten um die Ihnen zugewiesenen Flüchtlinge aufzunehmen. Nachdem das Kontingent ausgeschöpft zu sein scheint, soll dem Stuttgarter Gemeinderat eine Vorlage für den Bau von Systembauten vorgelegt werden. "Mit dem, was man als Baucontainer kennt, werden die Unterkünfte nichts zu tun haben", betont Finanzbürgermeister Michael Föll. "Es sollen dort ordentliche Wohnverhältnisse herrschen." Diese ordentlichen Wohnverhältnisse für die Asylsuchenden, die ja Monate und Jahre in dieser Unterkunft verbringen müssen, hoffen wir auch für Waiblingen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass die Stadt Waiblingen gegebenenfalls selbst Geld in die Hand nimmt um sozialverträgliche und humanitäre Wohnverhältnisse auch für Flüchtlinge zu schaffen. Häuser, auch wenn sie in Einfachbauweise entstanden sind, könnten nach der Nutzung als Flüchtlingsunterkunft auch für andere Zwecke immer gut gebraucht werden – zumal in Zeiten wo viel über sozialen Wohnungsbau geredet wird.
Der Verein "Fremde unter uns", und Kirchengemeinden haben bereits signalisiert die Flüchtlinge ehrenamtlich zu unterstützen. Wir werden einen Haushaltsantrag stellen für Raummiete und Sachkosten für ehrenamtlichen Sprachunterricht und Hausaufgabenbetreuung. Die Integration von nichtdeutschen Menschen ist uns ein großes Anliegen. Wir sind faktisch ein Einwanderungsland und müssen uns dementsprechend auch in allen Lebensbereichen darauf einstellen.
Wir haben ja vor vielen Jahren einen Antrag auf Interkulturelle Öffnung der Verwaltung gestellt. Dies ist ein lang andauernder Prozess, der sich sowohl in der Organisationsentwicklung wie in der Haltung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wiederfinden muss. In allen Arbeitsbereichen werden Fachkräfte aus dem Ausland gesucht. Für diese Neuankömmlinge muss eine Willkommenskultur aufgebaut werden. Auch nichtdeutsche Menschen müssen ein Gefühl der Heimat bekommen, sie müssen sich wohl und angenommen fühlen. Wir können einiges dazu tun.
Inklusion ist das Thema, dem wir uns in Zukunft verstärkt annehmen müssen. Die Stadt Fellbach hat seit April eine Inklusionsbeauftragte, die sich für eine inklusive Lebenswelt für alle Menschen mit Behinderungen im öffentlichen Raum stark macht. Wir werden uns gezielt mit dem Thema und den Problemen 2014 befassen und entsprechende Anträge einbringen.
Wir setzen uns für Alternativen zum motorisierten Individualverkehr (MIV) ein, Wunschträume sind gut vertaktete Busverbindungen, nicht nur zu Hauptverkehrszeiten, ein Citybus, der auch sonntags fährt, eine Stadtbahnverbindung von Ludwigsburg nach Waiblingen, eine regelmäßig fahrende S-Bahn ohne ständige Verspätungen.
Die Stadt Waiblingen strebt an die Auszeichnung "fahrradfreundliche Kommune" zu bekommen. Wir erhoffen uns dadurch eine deutliche Verbesserung der Infrastruktur für den Radverkehr. Um dieses ehrgeizige Ziel in Waiblingen zu erreichen, muss eine personelle Aufstockung in der Verkehrsplanung für den Radverkehr erreicht werden. Wir werden deshalb einen Haushaltsantrag für eine 50% Stelle für die Radinfrastruktur stellen.
Erfreulich ist die Eröffnung des Radweges an der Geheimen Mühle im Dezember und natürlich werden wir uns freuen, wenn endlich der Radweg an der Devizestraße fertig gestellt sein wird, den wir Jahr um Jahr beantragt haben.
Und zum Schluss nun noch eine weitere Erfolgsgeschichte: Der Nord-Ost-Ring, den wir jahrelang entschieden bekämpft haben, wird nicht gebaut werden. Das Landesverkehrsministerium hat diesen Plan nicht mehr in die Vorschlagliste des Landes Baden-Württemberg für den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen! Bis zum endgültigen Jubel müssen wir noch warten, bis der Nord-Ost-Ring auch aus dem Bundesverkehrswegeplan gestrichen und damit formal auch das laufende Planfeststellungsverfahren beendet ist. Hier zeigt sich doch, dass sich mit viel Beharrlichkeit Ziele erreichen lassen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.