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Haushaltsrede 2008 Alternative Liste Waiblingen

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

liebe Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderats,

sehr geehrte Damen und Herren,

Lassen sie mich gleich mit einem der wesentlichen Ziele der Alternativen Liste beginnen:

 

 

Familienfreundliche Politik

Die ALi-Fraktion sieht die Gebührenfreiheit für den Besuch der Kindergärten schon lange als notwendige Maßnahme für eine familienfreundliche Politik unserer Stadt an und hat dies auch immer wieder betont. Wir sind der Auffassung, dass die Kinderbetreuung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, vor allem auch wenn durch immer neue dramatische Fälle von Kindervernachlässigung - von Fällen von Verwahrlosung, auch in der großen Politik über neue Möglichkeiten der unterstützenden Familienfürsorge nachgedacht wird.

Die Gebührenfreiheit in diesem Bereich bedeutet deshalb nicht nur ein wichtiges politisches Signal zu setzen, sondern Familien und Kindern eine praktische Unterstützung zu geben. Es darf nicht ein einziges Kind geben, das wegen Gebühren vom Besuch eines Kindergartens abgehalten wird, denn wir alle wissen welche Bedeutung der Besuch des Kindergartens für die kindliche Entwicklung hat und er bietet natürlich in schwierigen Fällen auch ein Ort der sozialen Kontrolle.

 

Im letzen Jahr hat die Alternative Liste einen Antrag für eine Machbarkeitsstudie für eine Jugendfarm gestellt. Diese Machbarkeitsstudie wurde nun präsentiert und hätte nach der Bewertung beste Chancen für einen Erfolg. Chancen vor allem für die Kinder, die auf einer Jugendfarm den Umgang mit Natur und Tieren erlernen:

Ich zitiere aus der Studie:

„ Durch entsprechende Primärerfahrungen entwickeln die jugendlichen Besucher ein Verständnis für die wechselseitige Abhängigkeit von Mensch, Natur und Umwelt und werden sensibilisiert für die Folgen von ökologischer Ausbeutung und Zerstörung. ...“ und weiter: „ Eine Jugendfarm ist ein Ort der Toleranz und der gegenseitigen Anerkennung.“Wir meinen, dass dieses Projekt eine große Bedeutung vor allem auch für das soziale Lernen hat, und hoffen, dass zeitnah eine Lösung für die Finanzierung und Realisierung gefunden wird.

Das Stichwort Soziales Lernen leitet weiter zu weiteren Fragen

Bildung

Waiblingen hat eine ausgezeichnete Vielfalt von Schulen. Die Ganztagesschulen bzw. Ganztagesbetreuungen werden immer weiter ausgebaut.

Für die Comeniusschule, die auch einen Bedarf angemeldet hat, fehlen dazu bislang die räumlichen Möglichkeiten. Gerade hier meine ich müßte bald eine Lösung gefunden werden, damit auch den SchülerInnen der Förderschule ein notwendiges Angebot der Ganztagesbetreuung gemacht werden kann. Dies bedeutet in Folge dass für die Musikschule ein passendes Raumangebot gefunden werden muss.

Unterstützt wird das schulische Angebot durch eine breite Angebotspalette der VHS, der Familienbildungsstätte, der Kunstschule, der Musikschule und der Stadtbücherei. Gerade die Kunstschule und die Stadtbücherei haben mit ihren neuen Konzeptionen Begeisterung hervorgerufen. Beide haben in ihren unterschiedlichen Bereichen aufgezeigt, welche differenzierten, fantasievollen und pädagogischen Bildungsangebote, angeboten werden können.

Die Fraktion der Alternativen Liste hat zu dem diesjährigen Haushalt einen Antrag gestellt die Mittel für die Sanierung des Marktdreiecks so lange zu sperren bis die Gesamtsanierungskosten ermittelt sind. Dies darf keinesfalls als Kritik an der Arbeit der Stadtbücherei verstanden werden. Unsere Sorge gilt einzig und allein den davon galoppierenden hohen Kosten, die wir im Auftrag unserer Bürgerinnen und Bürger kritisch betrachten müssen, bevor wir eine Entscheidung fällen.

Umwelt- und Naturschutz

sind weitere große Themen, die für unser aller Zukunft unabdingbar sind.

Wir setzen uns dafür ein, zukünftig möglichst nur noch Strom von regenerativen Energieträgern zu verwenden, um unsere Umwelt vor schädlichen Nebenprodukten zu verschonen, und unsere Welt auch noch für Generationen lebensfähig zu halten. Ein Schritt in diese Richtung ist unser Antrag zum Haushalt 2008, wo wir fordern, dass die Stadt Waiblingen für die kommenden 3 Jahre ihren Gesamtstrombedarf mit einem Anteil von 35% an Ökostrom über die Waiblinger Stadtwerke abdecken wird.

Die ALi setzt sich immer auch für Alternativen zum PKW-Verkehr ein, z.B. für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Wir begrüßen den S-Bahn-Ringschluß Backnang-Marbach und werden uns für die Realisierung einer Stadtbahnverbindung Ludwigsburg-Remseck-Waiblingen stark machen. Gute öffentliche Verbindungen mit einer guten Vertaktung werden unsere Straßen spürbar entlasten.

Auch die Radwege müssen weiter ausgebaut werden und bedürfen auch innerstädtisch einer Überarbeitung, wie wir Gemeinderätinnen und Gemeinderäte im letzten Jahr auf der von der lokalen Agendagruppe ProVelo geplanten und organisierten Radrundfahrt mit Herrn Oberbürgermeister Hesky augenscheinlich erfahren haben. Besonders die Radverkehrsachsen zwischen Innenstadt und Bahnhof entlang der Devize- und Mayennerstr. müssen neu geplant und bald realisiert werden.

Der Landkreis hat ebenfalls die Bedeutung des Radtourismus erkannt und einen Antrag ans Wirtschaftsministerium gestellt mit dem Ziel die Radrouten Murrtal und Remstal ins baden-württembergische Radfernnetz einzubinden, deshalb müssen diese erst ein Mal ausgebaut werden. Besonders die Einbeziehung und Querung der Altstadt und weiterer attraktiver Waiblinger Punkte wie Galerie, Talaue, Schwaneninsel in die Remstalroute muss unter radverkehrs- und touristischen Aspekten deutlich optimiert werden. Auch den weitere Ausbau des Radwegs entlang der Rems von der Geheimen Mühle bis zur Brücke in Beinstein wollen wir vorantreiben.

Seit dem 15.Januar liegen die überarbeiteten Pläne der Nordostring-Brücke und die dazugehörigen Gutachten öffentlich aus. Auch jetzt gibt es keinen Grund diesem geänderten Plan des Regierungspräsidiums zuzustimmen, denn es wurden nur einige nicht entscheidende Details geändert. Wir sind von den neuen Plänen des Regierungspräsidiums enttäuscht: Der Standort der Brücke wurde nicht geändert, er liegt weiterhin genau auf der geplanten Trasse des Nordostrings. Auch die Breite der Brücke, wenn jetzt auch schmaler, ist immer noch autobahntauglich. Zwar wurde die dritte Fahrspur gestrichen und dafür ein Fahrradweg konzipiert, aber dieser Radstreifen kann bei einer anderen Planung zu einem Standstreifen umgeändert werden. Das Damoklesschwert des Nordostringes, den wir verhindern wollen, bleibt in bedrohlicher Weise bestehen. Die neue Brücke wird schmaler und sie wird auch etwas tiefer liegen, bleibt aber auch mit 14,60 m Breite immer noch eine halbe Autobahn. Und sie liegt weiterhin genau auf der Nordostring-Trasse. 

Der ehemalige Regierungspräsident Andriof hat nicht den kleinsten Zweifel daran gelassen, dass diese Brücke nach wie vor ein Teil des Nordostringes ist. „Wir verbinden jetzt zwei Landstraßen. Fernziel ist die Verbindung Bundesstraße zu Bundesstraße. Aber wir müssen heute das Machbare machen.“ sagte Herr Andriof wörtlich bei einer Besprechung mit Gemeinden, der IHK, Umweltverbänden und der ARGE. Wie bei der großen Brücke befürchten wir einen riesigen Eingriff in die Landschaft und die Natur, da für die Weiterführung die gleichen Pläne gelten werden, wie sie uns für die erste Planung vorlagen. Das Schmidener Feld und das Lange Feld sollen in ihrer ganzen Länge zerschnitten werden. Ein unermesslicher Eingriff in die Landschaft und ein irreparabler Schaden für die Natur. Wir wollen auch zukünftig keine Autobahn und keine Verbindungsstrecke der Autobahnen A 8 und A 81 auf dem Schmidener Feld! Solange die Planung der Brücke wie eine Kompaßnadel auf den Nordostring zeigt, diese Worte stammen übrigens nicht von mir sondern vom CDU-Landtagsabgeordneten und Fellbacher Oberbürgermeister Christoph Palm wird auch die ALi alles tun um diese Brücke zu verhindern.

Die Stadt Waiblingen will die Bevölkerung am 12.02 in Hegnach über die neuen Pläne informieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen ich lade sie heute schon auf den 19.02. in den Kameralamtskeller ein, wo ARGE und IfS ihrerseits über die Auswirkungen der neuen Pläne informieren werden.

Die Integration von Migrantinnen und Migranten und Menschen mit Migrationshintergrund 

ist für uns ein weiteres wichtiges Ziel und eine wichtige Aufgabe für uns Alle. Der Anteil der ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger beträgt in Waiblingen seit 10 Jahren ca. 18 Prozent. Migrantinnen und Migranten sind aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Integration ist das Zauberwort, das das Zusammenleben auf zufriedenstellende Weise ermöglichen soll, es fordert sowohl Migrantinnen und Migranten aber auch die deutsche Mehrheitsgesellschaft.

Im Oktober 2007 hat das Heidelberger Politik- und Marktforschungsinstitut Sinus Sociovision seine Studie über die Lebenswelten und Lebensstile von Menschen mit ausländischer Herkunft vorgelegt. Ergebnis dieser “Sinusstudie“ ist, dass Migrantinnen und Migranten sich nicht abschotten und die überwältigende Mehrheit auch nicht in Parallelwelten lebt. Gerd Hoofe, Staatssekretär im Familienministerium fasst das Ergebnis folgendermaßen zusammen:

„Migrantinnen und Migranten wollen sich in die Gesellschaft einfügen. Sie legen aber Wert darauf, ihre kulturellen Wurzeln nicht zu vergessen.“ Viele Jüngere der 2. und 3. Generation haben, so die Studie, ein bikulturelles Selbstbewusstsein. „Sie sehen Migrationshintergrund und Mehrsprachigkeit als Bereicherung für sich selbst und die Gesellschaft.“ Häufig wird, laut der Studie, von den Migrantinnen und Migranten, quer durch alle Migranten-Milieus, die mangelnde Integrationsbereitschaft der Mehrheitsgesellschaft beklagt. Viele fühlen sich nach wie vor fremd und nicht angenommen in diesem Land, selbst wenn sie hier geboren sind oder mittlerweile Karriere gemacht haben. Ich denke vor allem für uns Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker ist dies ein sehr interessantes Ergebnis und eine Forderung auch an uns.

Öffentliche Einrichtungen müssen sich auf den großen Anteil an Migrantinnen und Migranten einstellen, seien es Behörden, Schulen, Einrichtungen der Altenhilfe, Büchereien. Ich möchte dies an 3 Beispielen erläutern:

Zum Beispiel im schulischen Bereich:

Es ist ein überproportional hoher Anteil von italienischen Kindern an der Comeniusschule (Förderschule) zu verzeichnen. Wir werden einen Antrag zum Haushalt 2008 stellen, mit dem Ziel italienischen Schülerinnen und Schülern an der Comeniusschule, sowie den Waiblinger Grund- und Hauptschulen eine nachhaltige Verbesserung ihrer Bildungssituation zu ermöglichen. Diese konkreten Maßnahmen sollen durch eine Untersuchung begleitet werden, damit festgestellt werden kann, wie wir dieser schon seit Jahrzehnten unveränderten Situation entgegen wirken können und welche Maßnahmen greifen, seien es Sprachförderung, verstärkte Elternarbeit etc.

Zum Beispiel in der Altenhilfe, mit der „kultursensiblen Altenpflege“:

Auch in der Altenhilfe werden zunehmend ältere und alte Migrantinnen und Migranten sowohl in der ambulanten wie in der stationären Altenpflege verzeichnet werden. Auf diesen neuen Kundenkreis müssen sich die Träger der Altenhilfe einstellen. Die „kultursensible Altenpflege“ zeigt Wege auf, wie auch nichtdeutsche alte Menschen mit Verständnis versorgt und gepflegt werden können.

Zum Beispiel Stadtbücherei:

Wir begrüßen sehr, dass die Stadtbücherei in ihrer neuen Konzeption auf den weiterhin steigenden Anteil an Bürgerinnen und Bürgern mit Migrationshintergrund reagieren will und dass geplant ist, daraufhin abgestimmte Angebote der Stadtbücherei zu etablieren, dazu soll bereits ab Frühjahr 2008 in Zusammenarbeit mit dem Büro für interkulturelle Förderung eine Konzeption erarbeitet werden.

Bevor ich zum Schluß komme, möchte ich mich im Namen meiner Fraktion bei den MitarbeiterInnen und Mitarbeitern der Stadt für ihr Engagement, für die Arbeit, die sie im Sinne unserer Bürgerschaft leisten, bedanken.

Den neu gewählten Fachbereichsleitern wünschen wir einen guten Start und sichern ihnen eine gute Zusammenarbeit zu.

Meine Damen und Herren vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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